• Ein Langzeitportrait über drei im hessischen Offenbach lebenden Schwestern (19, 20 und 21 Jahre). Die strengen kosovoalbanischen Eltern sind gestorben, und eigentlich könnten sie, so selbständig wie sie jetzt sind, die kulturellen und anerzogenen Zwänge all ihrer kosowarischer Vorfahren hinter sich lassen. „Sie leben ja schließlich in Deutschland, und nicht in irgendeinem Ausland“ – wie Nazmi mal feststellt. Der Film, dessen Dreharbeiten gleich am Beginn des neuen Lebensabschnittes der drei Schwestern ansetzen, erzählt von ihrem zögerlichen Aufbruch, der schwesterlichen Freundschaft und schließlich – derren Bruch. Eine von ihnen verliebt sich Hals über Kopf ausgerechnet in einen Serben, dem Erzfeind Nr. 1 des albanischen Volkes. Nach vier Jahren Dreharbeiten lebt die abtrünnige Schwester ihr eigenständiges Leben, doch ohne Kontakt zu ihrer Familie.

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  • Regie/Buch……………Angela Freiberg & Nina Werth

    Schnitt…………………..Justyna Hajda      

    Kamera…………………Nina Werth    

    Musik……………………Ralph Mann & Ralf Sommer    

    Sound-Design/Tonmischung…..Stefan Höfler, Sonaris Tonstudio    

    Color Grading…………Thomas Maier & Frank Vogt, Magna Mana    

    Illustration………………Ralph Mann    

    Titelgestaltung………..Michaela Spoon & Yaschar Scheyda    

    Produktion……………..2012 © freiberg & werth

  • LICHTER-FILMFEST INTERNATIONAL, aus „Journal Frankfurt“ von Andreas Dosch

    Zum sechsten Mal findet das Lichter-Filmfest in Frankfurt statt, größer und breit gefächerter denn je. Ein Highlight im Programm ist der Dokumentarfilm „Geboren in Offenbach“ von Angela Freiberg und Nina Werth.

    Der Film, den Nina Werth gemeinsam mit ihrer Regie-Kollegin Angela Freiberg im Lichter-Wettbewerb vorstellt, könnte das aktuelle Festival-Thema gar nicht besser akzentuieren: Okay, „Geboren in Offenbach“ klingt als Titel jetzt nicht unbedingt nach dem Duft kosmopolitischer Weite. Doch dahinter verbirgt sich ein kleiner, feiner Dokumentarfilm, rund 60 Stunden Material in übersichtlichen 76 Minuten zusammengefasst: die Langzeitstudie über drei im Nachbardorf OF beheimatete Schwestern, deren Eltern in den 1960er-Jahren aus dem Kosovo nach Deutschland auswanderten. Diese sind, wenn der Film 2008 einsetzt, allerdings schon verstorben, so dass sich Nagije (19), Nazmi (20) und Bege (21) plötzlich alleine in der elterlichen Hochhauswohnung wieder finden. Eine ungewohnte Situation für die toughen Fräuleins, die sich anfänglich noch einreden, dass sie nichts auseinander bringen kann. Aber es kommt anders im Laufe der fünf Jahre, die Werth und Freiberg ihre Protagonistinnen mit der Kamera begleitet haben: Zwischenzeitliche Beziehungen zu Männern nicht albanischer Herkunft sorgen für innerfamiliäre Spannungen, die „Blitz-Heirat“ der Jüngsten stößt bei ihren älteren Schwestern auf Ablehnung, gegenseitige Kontakte werden gekappt. Am Ende, 2012, sitzen Nazmi und Bege alleine da, in der jeweils eigenen Wohnung, mit ungewissen Zukunftsperspektiven.„Geboren in Offenbach“ ist nicht nur eine geduldige, mit großem Gefühl und sensibler Beobachtungsgabe eingefangene Stadt-Doku, er ist vor allem eine vielschichtige Reflexion des Begriffes „Heimat“ in seinen weit reichenden Facetten – national, kulturell, mental -, der gerade in unserer deutschen Alltagsrealität nicht immer so einfach zu greifen ist. Um das viel bemühte Wort vom „Migrations-hintergrund“ zu vermeiden, wählt Nina Werth die Umschreibung „andere Identitätswurzeln“, und Angela Freiberg spricht von „einer großen deutschen Ursuppe aus verschiedenen Kulturen“ – zu der eben auch ihre drei porträtierten jungen Frauen zählen: „Das sind Deutsche wie wir. Die gehören zu uns.“


     

    Nina, Angi, Nazmi
     

    OP-ONLINE.DE, Interview mit den beiden Regiseurinnen, Nina Werth (links), Angela Freiberg und einer der drei Protagonistinnen (mitte). Von Kathrin Rosendorff

     „Ich habe albanisches Blut, aber vom Verhalten her bin ich komplett gedeutscht“, sagt Nazmi Kokollari und rührt den Latte Macchiato um. 

    „Familie oder Freund“

    In der ersten Szene sitzen die drei Schwestern auf dem Sofa in der elterlichen Wohnung noch zusammen. Nun sitzt Nazmi allein im Café. Nur noch mit der Jüngsten, der verheirateten Nagje, hat sie Kontakt. Aber nur über Facebook. „Für mich heißt Familie Zusammenhalt und man steht hinter einem, egal was passiert. Das war bei uns nicht der Fall. Anfangs hat das schon sehr wehgetan.“ Die Schwestern meiden sie, weil Nazmis Freund kein Albaner ist.

    „Ich habe immer gesagt, dass ich den Mann heiraten werde, den ich liebe. Das wird auch für meine Kinder gelten. Die Nationalität ist doch egal, solange er kein Arschloch ist“, sagt Nazmi. Am Anfang des Films ist das für ihre Schwestern auch kein Problem. Da hatte die Älteste, Bege, selbst einen italienischen Freund. Am Ende des Streifens will sie aber nach zahlreichen Enttäuschungen nur noch einen Albaner zum Freund. „Die Werte sind also nicht fest, sondern werden immer wieder neu verhandelt“, so Werth.

    „Es gibt viele Internet-Foren, bei denen es genau, um diese Entscheidungs-Problematik geht: Familie oder Freund“, betont Freiberg. Komisch fand Nazmi es nie, dass über ihre Familie eine Dokumentation gedreht wurde. „Nur manchmal war es nervig, wenn ich genuschelt habe, wiederholen zu müssen.“ Auf die Premiere freut sie sich. Ein schniekes Kleid will sie sich aber nicht anziehen. „Ich gehe da ganz normal hin.“ Auch ihre Schwestern wollen kommen.